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Bericht der IG Metall auf der Betriebsversammlung bei Canyon

Bericht der IG Metall auf der BV bei Canyon

An dieser Stelle seht ihr meine (Markus Friedel) Zusammenfassung des Berichtes auf der Betriebsversammlung bei Canyon, in der Rhein Mosel Halle am 31. Januar 2023. Im vollen Bewusstsein, das dies lediglich stichpunktartig erfolgen kann. Die Grundaussage, welche ich hier nochmal hervorheben möchte ist folgende: „Canyon ist mittlerweile wahrscheinlich die großartigste Bikemarke in der globalen Fahrradwelt und bis auf eine große „Kleinigkeit“ auch ein toller Arbeitgeber!“

Die Agenda:

  • Wer bin ich (kurze Vorstellung)
  • Die Sicht auf Canyon (und die aktuelle Einschätzung)
  • Einladung an die Arbeitgeberseite

Zu meiner Person: Ich bin Markus Friedel, 53 Jahre alt und lebe seit eineinhalb Jahren in Koblenz. Ursprünglich komme ich aus Baden-Württemberg, dem Kreis Heilbronn. Dort habe ich 1984 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser absolviert. 2001 habe ich als Instandhalter in der KS ATAG (Automobil Zulieferindustrie) angefangen zu arbeiten. Nach und nach bin ich in diesem Unternehmen Betriebsrat und später Betriebsratsvorsitzender (inklusive Aufsichtsrat) geworden. Im Mai 2021 bin ich dann in die IG Metall gewechselt und dort seitdem in Koblenz beschäftigt. Parallel dazu bin ich seit Anfang der 90er Jahre dem Bike Virus verfallen. Angefangen mit Cross-Country Rennen und Downhill (damals ist man am selben Wochenende mit dem gleichen Bike noch beide Rennen gefahren), über Marathonrennen (mein 1. war 1994 der Grand Raid Christalp), bis zu Alpenüberquerungen war über 20 Jahre alles dabei. Heute bin ich oft mit meinem Sohn auf Radtouren und im Bikepark unterwegs.

Jetzt aber zu Canyon. CANYON… ein Unternehmen der Fahrradbranche wie kein Zweites (so fängt meine inhaltliche Beschreibung in einem anderen Artikel auf dieser Homepage an … und auch mein Einstieg auf der Betriebsversammlung – noch ohne den schwarzen Fleck). Roman Arnold hat es hinbekommen, aus einem kleinen Familienbetrieb einen globalen Player zu formen. Und immer wieder hat er zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Personen zu Canyon geholt. Angefangen bei Lutz Scheffer, über Michael Kaiser, Tony Fadell, bis zu James Le Bron. Man kann ohne Übertreibung sagen „a american Dream“. Die Frage ist nur, auch „Made in Germany“? – Das beantworten wir später.

Den Erfolg, den Canyon heute hat, wäre jedoch ohne die gesamte Mannschaft bei Canyon nicht möglich gewesen. Jeder Einzelne hat seinen Teil dazu beigetragen!

Und die Zahlen zeigen ganz eindeutig den kometenhaften Aufstieg von Canyon, die letzten Jahre. Nicht nur die Umsätze, auch die damit verbundenen Gewinne sind jedes Jahr deutlich gestiegen.

…. Und deshalb sagt Roman Arnold zurecht in der Canyon Reportage (Canyon – the Inside Story): „Meiner Meinung nach ist Canyon heute führend in der Fahrradbranche … und wir wollen die Zukunft des Radsports prägen“. Und immer wieder kann man von anderen Canyon Führungskräften den Vergleich mit Canyon und Porsche hören.

 

Voller Hochachtung muss man anerkennen, das bei Canyon die Menschen arbeiten, die andere Radbegeisterte zum Träumen bringen und Träume dieser Kinder, Männer und Frauen wahr werden lassen.

Und das nicht nur in Deutschland, sondern weit über die Grenzen hinaus. Bis in die USA bekommen Menschen leuchtende Augen, wenn sie über Canyon sprechen. Sogar Joe Breeze, so etwas wie der Urvater des MTB kommt aus dem schwärmen nicht hinaus, als ich mich Ende letzten Jahres über Canyon mit ihm unterhalten habe.

Soviel zu der Aussensicht auf Canyon. Aber was geschieht, wenn man sich das Unternehmen von innen ansieht? Angefangen bei Afterwork Ausfahrten, über Mitarbeiter Rabatte, bis zu Weihnachtsfeiern wird einiges angeboten.

Allerdings gehen auch Canyon Beschäftigte schlussendlich wegen dem Geld, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, arbeiten. Sicherlich macht es einen Menschen stolz, wenn er von sich behaupten kann, dass auch er ein Teil von Canyon ist, aber was hilft das, wenn die Bezahlung und die Arbeitszeiten so sehr vom Standard ( Standard … dazu kommen wir gleich) entfernt sind, dass es nicht mehr erklärbar ist?

Die Antwort, welche ich immer wieder mal von der Canyon Führung höre ist: „Unsere Rahmenbedingungen, auch die Bezahlung sind Marktgerecht.“ Meine Meinung dazu ist eine ganz andere. Man kann die Rahmenbedingungen und damit verbundene Lohngestaltung nicht mehr mit anderen Unternehmen in der Fahrradbranche vergleichen. Diese anderen Unternehmen betrachten Canyon mittlerweile mit dem Fernglas, weil kein zweites an Canyon herankommt und sie deshalb auf Canyon schauen, um einigermaßen mithalten zu können.

Deshalb sollte die Frage gestellt werden, mit was oder wem ist Canyon vergleichbar und damit Marktgerecht? … Ohne Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Die Antwort auf die Frage ist relativ einfach zu beantworten. – Die deutschen Automobilhersteller!

Von der Entwicklung, über die Produktion, den Showroom und den Service (heutzutage auch in der Automobilindustrie in vielen Fällen digital oder übers Telefon), sind es identische Abläufe mit vergleichbaren Strukturen.

 

Wenn nun Canyon mit den Automobilherstellern in Deutschland vergleichbar ist (welche in der IG Metall unter den Tarifverträgen der Metall und Elektroindustrie beheimatet sind), dann lasst uns mal kurz in Zahlen hineinschauen. Nehmen wir die Personalkostenquote. Daraus kann man unteranderem ableiten, wie Beschäftigte in einem Unternehmen entlohnt werden. Hier kann man grundsätzlich eine Aussage tätigen: „je höher der menschliche Faktor vom Herstellungsaufwand ist, desto höher ist die Personalkostenquote. Was gleichzeitig bedeutet, je höher ein Produktionsprozess automatisiert ist, umso geringer ist die Personalkostenquote.

Wenn man sich jetzt die Grafik anschaut, fällt sofort auf, dass ein Bäckereibetrieb eine höhere Lohnkostenquote hat, als die Automobilhersteller, welche viele Produktionsschritte automatisiert haben. … Und dann kommt weit abgeschlagen (ca.12% wie hier zu sehen, über die letzten Jahre) Canyon! … Hier kann etwas nicht passen!

Die Formel zur Berechnung der Personalaufwandsquote lautet: Personalkostenquote = Personalaufwand / Gesamtleistung.

Die Auswirkung bei den Beschäftigten (vor allem in den unteren Entgeltbändern) von Canyon bewirkt folgendes. Etliche Beschäftigte können trotz 40 Stunden Verträgen von ihrem Einkommen bei Canyon nicht leben. Dadurch sind sie gezwungen, einem Zweitjob nachzugehen, um nur einigermaßen über die Runden zu kommen. Und hier reden wir nicht davon, dass sie sich einen Urlaub leisten können oder Geld für Sonderausgaben auf die Seite bekommen. Nein, trotz Zweitjob leben sie von der Hand in den Mund und leisten sich nur das nötigste. Das mag zwar bei einem „Single“ noch funktioniert, aber spätestens, wenn man für eine Familie mit Kindern verantwortlich ist, ist dieser Zustand nicht mehr hinnehmbar (sagen viele Beschäftigte)

Aus diesem Grund muss man trotz allen positiven Effekten, welche zweifelsohne eine Beschäftigung bei Canyon mit sich bringt sagen, dass Bild bei Canyon ist nicht rund. Im Endeffekt muss es möglich sein, von der Entlohnung bei seinem Arbeitgeber leben zu können. Dies ist bei Canyon nicht sichergestellt. Und genau hier müssen wir ansetzen!

Aber was bedeutet: „hier müssen wir ansetzen“? Die IG Metall Mitglieder erwarten keine Rahmenbedingungen (um noch kurz in der Autosprache zu bleiben), die vergleichbar mit einem Porsche sind, sie möchten jedoch auch keine besitzen, wo ein PKW nur einen Sitz und keine Türen besitzt (egal wie cool er ist). Sie erwarten und brauchen den Standard (um bescheiden zu bleiben, wie ein VW Polo). Und der Standard bei Canyon heißt „Tarifverträge der IG Metall für die M&E Industrie“, wie sie in vielen anderen Unternehmen in der Region und darüber hinaus selbstverständlich sind.

Und nun sind wir wieder bei dem Titel der Präsentation „a american Dream – Made in Germany?“ Der große Unterschied ist hier eindeutig. Reden wir von einem Unternehmen wie es in den USA meistens der Fall ist? Wenige profitieren von einem Unternehmenserfolg und der Rest der Belegschaft kann sich kaum über Wasser halten – oder reden wir von „Made in Germany“ mit dem Standard der Tarifverträge, in denen sichergestellt ist, dass jeder einzelne Beschäftigte an dem Unternehmenserfolg ein kleines bisschen beteiligt wird und somit einen Standard in Deutschland besitzt, der nicht nur die Kapitalseite berücksichtigt. Einen Standard von dem man vernünftig leben kann.

Und nun kommen wir zu der Frage, was Tarifverträge eigentlich regeln. Die Fülle an Themen kann man unmöglich auf einer Betriebsversammlung darstellen (deshalb nur eine Folie mit der Übersicht). Wir konzentrieren uns heute auf das Thema „Entlohnung“. Es gibt bei uns in der M&E Industrie in Rheinland – Rheinhessen (zu der Canyon dazu gehört) 11 Lohngruppen, welche sich aus dem Grundlohn (Arbeitsplatzbezogen), der Leistungszulage, und eventuelle Zuschläge (z.B. Schicht) zusammensetzt. Dazu kommen dann noch jährlich wiederkehrende Sonderzahlungen, welche in der Summe ca. 170% eines durchschnittlichen Gesamtbruttoverdienstes betragen. Selbstverständlich muss nun die Frage beantwortet werden, was das in Geld bedeutet. Dies schauen wir uns auf der nächsten Folie an.

Hier eine Folie, die ich aus Zeitgründen in der Betriebsversammlung ausgeblendet habe. Zum besseren Verständnis halte ich sie an dieser Stelle jedoch für sinnvoll. Hier wird die Systematik der Eingruppierung nachvollziehbar dargestellt:

In der Spalte 1 findet ihr die Entgeltgruppen. Sie sind so ähnlich angelegt wie bei Canyon, nur feiner unterteilt und mit einem festen Wert versehen (Spalte 2). In der Spalte 3 findet ihr die Summe inklusive durchschnittlich 10% Leistungszulage (diese kann von 0-20% variieren und obliegt im weitesten Sinne dem Arbeitgeber, wie jeder Einzelne bewertet wird. Im Durchschnitt muss sie jedoch 10% betragen). In der Spalte 4 findet ihr das durchschnittliche Monatsgesamtbrutto inklusive anteiliger Sonderzahlungen. In der Spalte 5 findet ihr das Gesamtjahresbrutto. Bei der Spalte 2-5 sind alle Werte auf eine 40 Stunden Woche hochgerechnet, damit die Vergleichbarkeit mit Canyon sichergestellt werden kann. In der Spalte 6 findet ihr die einzelnen Zuordnungen (jeder einzelne Beschäftigte wird im Nachgang einer Entgeltgruppe zugeordnet – hört sich komplizierter an als es ist und es ist sichergestellt, dass nach Umstellung keiner weniger verdient, als vorher). In der Spalte 7 findet ihr das Gleiche wie in der Spalte 4, nur auf eine 35 Stunden Woche heruntergerechnet. Und selbstverständlich wird es für einen Teil der Beschäftigten auch die Möglichkeit geben, weiterhin einen 40 Stunden Vertrag zu haben, wenn er/ sie möchte.

Die erste Frage, die nun sicherlich bei einigen auftauchen wird, ist mit Sicherheit: „Kann sich das Canyon überhaupt leisten?“

Nun, auf Eigentümerseite (spätestens seit JBL bei Canyon an Board ist) ist auf so eine Frage in vielen Unternehmen immer der erste Reflex „Nein, das können wir nicht!“

Was sie damit aber lediglich zum Ausdruck bringen ist: „jeden Euro, den ich mehr Gehalt bezahle, geht von meinem Gewinn ab“.

Um das jedoch nicht aussprechen zu müssen, kommen immer Argumente wie: „das kostet Arbeitsplätze – das ist nicht die richtige Zeit – wir müssen investieren – usw.“ Um es ganz klar zu sagen, es gehört zu ihrer Aufgabe, so viel Gewinn wie möglich zu machen und wenn sich niemand dagegen wehrt, kommen sie damit auch durch.

Dann gibt es aber auch noch Roman, in den wir unsere Hoffnung setzen, dass er nicht nur an kurzfristige Gewinne denkt, sondern langfristig sein Unternehmen, sein „Baby“, welches mittlerweile nicht nur von den Zahlen in der Fahrradbranche an der Spitze ist, verantwortungsvoll führt.

Canyon ist mittlerweile sehr gut in der Lage, erhebliche Gewinne zu erzielen und nach Tarif zu bezahlen. Und wenn man sich nun bewusst darüber ist, dass ein Tarifvertrag nicht nur den Beschäftigten zugutekommt, sondern auch dem Unternehmen, wenn es z.B. um Fachkräfte geht, die man behalten, beziehungsweise bekommen möchte, dann kann man mit guten Gewissen sagen, dass wir von einer Win-Win Situation reden.

Ganz nüchtern betrachtet, wenn ich Roman wäre, was würde ich in ein paar Jahren bevorzugen, wie man über mich spricht? Möchte ich über mich hören: „Da ist Roman, der bei uns in Koblenz ein unheimlich erfolgreiches Unternehmen aufgebaut hat, in dem allerdings die Menschen bei Canyon vergessen wurden und sie zum Überleben einen Nebenjob brauchen?“ Oder möchte ich hören: „da ist Roman, der bei uns in Koblenz ein unheimlich erfolgreiches Unternehmen aufgebaut hat und der beste Arbeitgeber in der Region ist, weil für die Menschen bei Canyon alles passt?“ … Nun, für mich ist die passende Antwort nicht schwer.

 

Und genau deswegen sagen alle IG Metall Mitglieder bei Canyon, die gesamte IG Metall … Ja Canyon kann ohne Probleme den Standard, Tarifverträge mit den dazugehörigen Lohnsystematiken ohne Probleme einführen.

Ohne das ein Rad auch nur einen Euro dadurch teurer werden muss und die Gewinne immer noch mehr als ausreichend sind.

Aus diesem Grund haben sich bei Canyon immer mehr der IG Metall angeschlossen. Sie haben erkannt, dass man alleine nichts erreichen kann, dies geht nur in einer starken Gemeinschaft! Die Mehrheit haben wir nun im Warehouse und in der Factory. Allerdings werden alle anderen Bereiche von Canyon im Großraum Koblenz auch immer stärker und unser Ziel ist es selbstverständlich in allen Bereichen die Mehrheit abbilden zu können, um für alle zu sprechen. Unsere Aufforderung zu Tarifverhandlungen wurde im Nachgang der Betriebsversammlung an den Arbeitgeber übersendet.

Da uns allen jedoch bewusst ist, was für ein außergewöhnlicher Arbeitgeber Canyon in der Region ist und welchen Stellenwert „Canyon“ in der Fahrradwelt besitzt, ist uns viel daran gelegen, konstruktiv und im Einklang ein rundes Bild bei Canyon zu erschaffen.

Aus diesem Grund hat Ali Yener (1. Bevollmächtigte der IG Metall Koblenz), einen Tag nach der Betriebsversammlung, eine Einladung an die Arbeitgeberseite von Canyon gesendet. Ziel dieses Gesprächs ist gemeinsamen daran zu arbeiten, dass Canyon der beste Arbeitgeber in der Region wird.

Fortsetzung folgt

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